Stell dir vor, dass du jemanden kennenlernst und schnell feststellen musst, dass du dich Hals über Kopf verschossen hast. Vielleicht merkst du schon, wie es zwischen euch knistert und du hast Schwierigkeiten, diese Person wieder aus deinem Kopf zu bekommen. Und obwohl alles am Anfang noch so vielversprechend zwischen euch aussah, scheint das Interesse deines Schwarms zu schwinden. Auf einmal scheinen die Konversationen zwischen euch nur noch schleppend voranzugehen, weil die Person dir gegenüber nicht mehr den gleichen Enthusiasmus zeigt wie am Anfang. Du suchst förmlich nach Wegen, wie du dich wieder interessanter machen kannst und fragst dich: „Willst du gelten, mach dich selten? Funktioniert das wirklich?“ Im Nachfolgenden möchte ich diesem Spruch auf den Grund gehen und dir zeigen, warum hinter dieser Redewendung zumindest ein Funken Wahrheit steckt.
Das Knappheitsprinzip erklärt
Robert Beno Cialdini, ein US-amerikanischer Professor für Psychologie und Marketing, fand heraus, dass Menschen einer Sache einen höheren Wert zuschreiben, wenn es selten oder schwer zu bekommen ist. Diese Entdeckung bezeichnete er als Scarcity Principle (Knappheitsprinzip). Da er sich auch intensiv mit Marketing auseinandersetzte, fand er heraus, dass Produkte, die man limitiert, plötzlich bei ihren Kunden sehr beliebt wurden. Daher greifen Marketingexperten auch heute noch gerne zu den allbekannten Manipulationstechniken wie: „Nur noch 3 Artikel vorhanden!“, oder „Nur für eine bestimmte Zeit erhältlich.“
Wie kann man sich erklären, dass Menschen ein starkes Bedürfnis für Seltenes oder schwer zugängliches entwickeln?
Das Knappheitsprinzip funktioniert auf der Grundlage der sogenannten Reaktanz, einer natürlichen Abwehrreaktion, die wir im Laufe der Evolution entwickelt haben. Sie besagt, dass Menschen es nicht ausstehen können, wenn man sie in ihrer Freiheit einschränkt. Deshalb neigen wir dazu, Widerstand zu zeigen, wann immer sich uns jemand aufzwingen möchte oder unsere Möglichkeiten begrenzen möchte. Haben wir also das Gefühl, dass wir an etwas ausgeschlossen werden oder man uns etwas verbieten möchte, zeigen wir eine Abwehrreaktion. Reaktanz führt uns dazu, aus Trotz grade dann etwas haben zu wollen, wenn uns jemand sagt, dass wir es nicht haben können.
Reaktanz spielt eine ebenso wichtige Rolle in der Umgekehrten Psychologie (auch paradoxe Intervention genannt), die man häufig bei Kindern anwendet.
Willst du gelten, mach dich selten!
Übertragen wir das Knappheitsprinzip auf Menschen, könnte daraus ersichtlich werden, warum man meinen könnte, dass Personen, die schwer zu haben sind, attraktiver wirken. Denn auch hier greift das simple Prinzip von Angebot und Nachfrage. Ist jemand schwer zu bekommen, muss es wohl daran liegen, dass sein Wert sehr hoch ist und dementsprechend hoch auch die Nachfrage ausfallen muss.
Sich selten und schwer erreichbar zu machen, bedeutet nicht, dass man etwas Schlechtes damit beabsichtigt. Viel eher geht es bei diesem Vorhaben darum, dass man einem potenziellen Partner gegenüber seinen Wert demonstriert. Ebenso verleitet es Menschen dazu, die Zeit, die sie mit jemanden verbringen, mehr wertzuschätzen. Und wenn du bereits deine Erfahrungen mit Dating gemacht hast, wirst du wissen, wie wichtig es ist, deinem Interessenten/deiner Interessentin deinen Wert zu demonstrieren.
Warum Distanz eine wichtige Rolle in Beziehungen spielt
Häufig ist es in frischen Beziehungen der Fall, dass man anfangs kaum eine Minute ohne den Partner verbringen möchte. Nicht selten verlieren Partnerschaften dann bereits nach kurzer Zeit ihre Leidenschaft. Denn früher oder später passiert es, dass einer der Liebenden immer weniger Interesse für seinen Partner hat. Die Liebe, die zu Beginn noch aufregend war, gleicht nach geraumer Zeit dann nur noch einer Lebensgemeinschaft, in der viel mehr die Gewohnheit als Liebe überwiegt.
Im englischen existiert nicht ohne Grund das Sprichwort „Distance makes the heart grow fonder“ (Entfernung lässt das Herz höher schlagen). Es besagt, dass Distanz in einer Partnerschaft für Wunder sorgen und Liebenden dabei helfen kann, das Verlangen nach dem Partner wieder zu entfachen.
Wie Seltenheit das Verhältnis in deiner Beziehung bestimmt
Du solltest dir immer vor Augen halten, dass du in jeder Beziehung am längeren Hebel sitzt, solltest du über die Fähigkeit verfügen, jederzeit zu gehen, wenn dir etwas nicht passt. Genau dieses Mindset wird in einer neuen oder auch in einer älteren Beziehung deinem Partner dabei helfen, dich ernst zu nehmen.
Nicht nur deinen Stellenwert, sondern auch die Tatsache, dass du ein gesundes Selbstbewusstsein und Selbstwertgefühl hast, wirst du demonstrieren. Dadurch zeigst du einem Partner, dass du wählerisch bist, wenn es um die Frage geht, mit wem du deine Zeit verbringst. Deshalb wird jeder Partner an deiner Seite früher oder später realisieren, dass er aufrichtig, vertrauenswürdig und wertschätzend mit dir umgehen muss, um dich an seiner Seite zu haben. Und folglich wirst du feststellen, wie er sich ins Zeug legen wird, um dich behalten zu können.
„Willst du gelten, mach dich selten“, findet unter anderem auch in der Online-Kommunikation seine berechtigte Anwendung. Denn einige Menschen fühlen sich vernachlässigt oder befürchten sogar, dass ihr Partner das Interesse verliert, sollte er einmal nicht auf Anhieb antworten. Das Knappheitsprinzip gibt dir daher einen guten Grund, um dir beim nächsten Mal genügend Zeit zu lassen, bis du antwortest. Vertiefst du dich stattdessen erst einmal in deine Verpflichtungen, wird dein Gegenüber merken, dass er deine Zeit respektieren muss und du nicht rund um die Uhr für ihn zur Verfügung stehst.
Was Seltenheit im Liebesleben bedeutet
Das Knappheitsprinzip kann einen sehr großen Einfluss darauf haben, wie man die Attraktivität oder den Wert einer Person wahrnimmt. Wenn du dich selbst schon einmal dabei erwischt hast, wie du einer anderen Person förmlich hinterherjagst, solltest du dich fragen, warum du das tust. Ist eine aufrichtige Verbindung zu der Person dafür verantwortlich oder ist es lediglich das Knappheitsprinzip, das hier zum Tragen kommt, weil dein Schwarm unerreichbar zu sein scheint?
Vielleicht hast du auch das Gefühl, dass andere Leute schnell das Interesse für dich verlieren oder dich nicht so sehr wertschätzen, wie du es dir wünscht. Unter Umständen wäre es dann an der Zeit, dass du dich von nun an etwas seltener machst. Lasse andere für dich arbeiten und du wirst vielleicht schon sehr bald merken, welche Wunder du damit bezwecken kannst.
Wann „Willst du gelten, mach dich selten“ funktioniert
Wie bereits gesagt, scheint das Knappheitsprinzip sehr hilfreich zu sein und im Umgang mit anderen Menschen zu funktionieren – aber nur unter den richtigen Bedingungen!
Stelle dir vor, dass du jemand Neues kennenlernst und die Person scheint Interesse an dir zu haben, ist sich jedoch immer noch nicht wirklich sicher, wie stark ihr Empfinden für dich ist. Zeigst du der Person, dass du eine kleine Herausforderung darstellst, kannst du dadurch deinen wahrgenommenen Wert steigern und sie dazu motivieren, sich etwas mehr ins Zeug zu legen.
Solltest du das Knappheitsprinzip aber bei jemanden anwenden, der noch nicht sehr investiert ist und kaum ein Auge für dich über hat, kann das ganze nach hinten losgehen. In einer solchen Situation wäre es vielleicht ratsamer, der Person, dessen Interesse man wecken möchte, mehr entgegenzukommen. Angebrachter wäre es hier, dass du auf dich aufmerksam machst und ihr zeigst, wo deine Qualitäten liegen. Du musst also erst einmal auf dem Radar deines Schwarms zu sehen sein, damit das Knappheitsprinzip seine Anwendung finden kann.
Sollte sich ein Mann oder eine Frau selten machen?
Studien haben bereits bewiesen, dass attraktive Frauen, die sich selten machen, bei Männern einen wertvollen Eindruck hinterlassen. Man könnte also sagen, dass sie dadurch ihren Stellenwert demonstrieren und Männern signalisieren, dass es durchaus lohnenswert wäre, einen Eroberungsversuch zu starten.
Dies hat einerseits etwas damit zu tun, dass Frauen, die sich selten machen, den Eindruck hinterlassen, bei ihrer Partnerwahl besonders selektiv zu sein. Sie daten nicht einfach jeden Kerl und demonstrieren daher, dass sie Frauen eines ganz besonderen Kalibers sind. Man kann sich also sicher sein, dass Frauen vom Knappheitsprinzip profitieren können.
Eine Studie von Whitchurch, Wilson und Gilbert testete, ob das Interesse, das ein Mann einer Frau äußert, einen Einfluss darauf hat, wie attraktiv Männer von Frauen wahrgenommen werden. So erzählte man den Versuchspersonen, die ausschließlich weiblich waren, dass Männer ihre Facebook-Profile ihrer Attraktivität nach bewertet haben. Diese Männer waren eigentlich nur fiktive Personen und bewerteten die Profile der Frauen demnach nicht wirklich. Man sagte den Frauen jedoch, dass die Männer eine Frau entweder mit „Interessiert“ oder „Nicht interessiert“ bewerteten oder gar keine Bewertung abgaben. Das Ergebnis der Studie zeigte, dass Frauen sich am stärksten zu den Männern hingezogen fühlten, wenn sie nicht wussten, wie sie von ihnen bewertet wurden. Interessanterweise berichteten die Frauen ebenso, dass die (fiktiven) Männer, die sie nicht bewerteten, sie am längsten beschäftigt haben und sie nicht aus dem Kopf bekommen konnten.
Als Fazit kann man also aus dieser Studie schließen, dass Männer, die eine gewisse Unerreichbarkeit ausstrahlen, attraktiver auf Frauen wirken. Somit kann man sagen, dass das Knappheitsprinzip besonders für die Männerwelt lohnenswert ist und Frauen in den Wahnsinn treiben kann.
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