In einer Beziehung gilt es zwischen einer gesunden und einer ungesunden Abhängigkeit zu unterscheiden. Wir alle brauchen jemanden, auf den man sich in schwierigen Zeiten verlassen kann. Eine gewisse emotionale Abhängigkeit kann nicht nur für uns selbst angenehm sein, denn auch unser Partner kann dadurch das Gefühl bekommen, von uns gebraucht zu werden. Klammert man jedoch in der Beziehung und ist die Abhängigkeit vom Partner zu stark, kann die Partnerschaft dadurch belastet werden.
Unter einer gesunden Abhängigkeit könnte man verstehen, dass man seinen Partner dafür braucht, um seine emotionalen Bedürfnisse befriedigt zu bekommen. Dabei sollte vermieden werden, dass eine Person unter Druck gesetzt oder verurteilt wird.
Ganz anders sieht es jedoch aus, wenn in der Partnerschaft geklammert wird und die Abhängigkeit außer Kontrolle gerät und dadurch Ansprüche gestellt werden, die den Partner und dadurch auch die Beziehung belasten. Besonders faszinierend jedoch ist, dass die meisten Menschen, die in ihren Partnerschaften klammern, sich gar nicht darüber im Klaren sind, dass ihre Abhängigkeit Grenzen überschritten hat, die der Beziehung zum Verhängnis werden könnte. Deshalb gehe ich im Nachfolgenden auf die typischsten Anzeichen einer klammernden Person ein und zeige auf, mit welcher Herangehensweise eine übertriebene Abhängigkeit unter Kontrolle gebracht werden könnte. Vorab gilt es jedoch erst einmal zu klären, was hinter klammerndem Verhalten wirklich steckt.
Klammern in der Beziehung – Zwei entscheidende Komponenten
- Klammern ist eine Suche nach Bestätigung. Eine zu starke Abhängigkeit kommt in vielen Partnerschaften dadurch zustande, dass der Partner als eine wichtige Quelle der Bestätigung gebraucht wird. Vielen klammernden Personen ist selten bewusst, dass sie die Meinung des Beziehungspartners schwerer gewichten, als ihre eigene. Da ihr Selbstwertgefühl stets am Schwanken ist, brauchen sie laufend das Gefühl, dass sie in Ordnung sind und ihr Verhalten vom Partner als richtig empfunden wird. Dadurch bemerken sie häufig gar nicht, wie sehr ihre Unsicherheit und das ständige Bedürfnis nach Bestätigung an den Kräften ihrer Beziehungspartner zerrt.
- Klammern ist eine Suche nach Aufmerksamkeit. In allen von uns steckt ein kleiner Narzisst, dem es gefällt, im Spotlight zu stehen und die Aufmerksamkeit anderer zu genießen. Ungesund kann dieses Bedürfnis jedoch werden, wenn durch ständiges Klammern exzessiv nach Aufmerksamkeit gesucht wird, ohne dabei Rücksicht auf die Bedürfnisse des Partners zu nehmen.
Der Bindungstyp und sein Einfluss auf Klammerverhalten
Die Bindungstheorie der Entwicklungspsychologie unterscheidet verschiedene Bindungsstile, die Menschen in ihren Kindheitsjahren erfahren können. Diese haben einen enorm großen Einfluss darauf, welchen Charakter die zukünftigen Beziehungen, die eine Person im Laufe ihres Lebens eingeht, haben werden. Man unterscheidet:
- sichere Bindungsstil
- unsicher-vermeidender Bindungsstil
- unsicher-ambivalenter Bindungsstil
- unsicher-desorganisierter Bindungsstil
Menschen, die in ihren Beziehungen klammern, haben in ihrer frühen Kindheit meist einen unsicher-vermeidenden Bindungsstil erfahren, der sich auch in ihren Partnerschaften bemerkbar macht. Kennzeichnend an diesem Bindungsstil ist, dass bei klammernden Menschen stets die Angst präsent ist, von einem Menschen, den sie lieben, verlassen zu werden.
Studien zeigen, dass klammernde Personen, die einen unsicher-vermeidenden Bindungsstil erfahren haben, viel häufiger als andere dazu neigen, ihren Partner zu idealisieren. Diese Idealisierung unterscheidet sich jedoch von einer normalen Beziehung, in der der Beziehungspartner romantisiert wird. Stattdessen herrscht eine extreme Abhängigkeit von der Bestätigung des Partners. Sollte diese jedoch ausbleiben, berichten Betroffene häufig von mangelndem Selbstwertgefühl und der Angst, nicht zu genügen. Und genau diese Abhängigkeit ist es, die zu ihrem klammerndem Verhalten führt.
4 Anzeichen, dass man in der Beziehung klammert
Es herrscht eine extreme Eifersucht
Eifersucht kommt früher oder später in jeder Beziehung einmal vor. Deshalb ist es wichtig, dass besonders dieses Thema auf eine gesunde Art und Weise kommuniziert wird.
Klammernde Personen neigen dazu, aus der Haut zu fahren, wenn sie mit ihrer Eifersucht zu kämpfen haben. Bereits der geringste Anschein, dass ein anderer Mensch als Konkurrenz wahrgenommen werden könnte, führt dazu, dass jemand, der klammert, sich bedroht fühlt. Deshalb ist es im Umgang mit solchen Personen wichtig, dass klare Grenzen kommuniziert werden und geklärt wird, welches Verhalten unter keinen Umständen geduldet wird. Nur so kann verhindert werden, dass das Beziehungswohl durch neugierige Fragen und den Versuch, Kontrolle über die Interaktionen des Partners auszuüben, gefährdet wird.
Es wird stets versucht, Diskussionen zu gewinnen
Niemand möchte eine Person um sich herum ertragen, die stets darauf aus ist, jede Diskussion gewinnen zu wollen. Klammernde Personen neigen oftmals dazu, stets persönliche Siege verzeichnen zu können und vergessen dabei häufig, dass sie dadurch konstruktive Unterhaltungen verhindern. Doch wie hat all das etwas mit Klammern zu tun?
Einerseits versuchen klammernde Personen dadurch auf ungewöhnliche Art und Weise Aufmerksamkeit zu bekommen, andererseits zeigt ihr Verhalten, dass sie ein extremes Interesse daran haben, was die andere Person über sie denkt – und dieses Interesse setzen sie manchmal mit allen Mitteln durch.
Keine Partnerschaft kann auf Rechthaberei aufbauen. Denn immerhin werden wichtigen Unterhaltungen, in denen konstruktive Lösungen für Probleme gefunden werden könnten, auf diese Weise verhindert. Außerdem besteht das Risiko, dass das Wir-Gefühl in der Partnerschaft dadurch in den Hintergrund rückt und der Partner nur noch zum Zuhörer wird, der sich stets den Bedürfnissen der anderen Person beugen muss.
Soziale Medien werden ausgespäht
Klammernde Personen neigen dazu, besonders auf das Verhalten ihres Beziehungspartners in sozialen Medien zu achten. Dabei werden häufig die kleinsten und irrelevantesten Informationen herausgepickt, die auf keiner rationalen Grundlage basieren, um dem Partner Vorwürfe zu machen.
Man könnte deshalb sagen, dass das Social Media-Profil des Beziehungspartners ausgespäht wird, da die klammernde Person ihre Befürchtung, von ihrem Partner verlassen zu werden, bestätigen möchte.
Der Freiraum des Beziehungspartners wird eingeengt
Zum Beginn einer Partnerschaft ist es bekannterweise nur üblich, dass man am liebsten die gesamte Zeit mit dem Partner verbringen möchte. Dabei wird häufig vergessen, dass der Partner eine eigenständige Person ist, die auch außerhalb der Beziehung Interessen verfolgt.
Wie man der Bezeichnung bereits entnehmen kann, versuchen klammernde Personen stets der Mittelpunkt im Leben des anderen zu sein und den anderen Menschen komplett einzunehmen. Sollten die Interessen des Partners diesem Verlangen zuwider sein, forcieren klammernde Menschen ihren Willen und bedrängen ihre Beziehungspartner, um ihre Wünsche erfüllt zu bekommen.
Klammernde Personen realisieren dabei häufig nicht, dass sie ihre Beziehungspartner durch ihr Verhalten in die Enge treiben und müssen deshalb oft wahrnehmen, wie die andere Person sich daraufhin immer weiter distanziert. Meistens findet dieser Kreislauf so lange statt, bis der/die Klammernde als Stressfaktor wahrgenommen wird und die Partnerschaft ihren Reiz verliert. Schließlich tritt dann genau das ein, was die klammernde Person um jeden Preis zu verhindern versuchte – sie wird verlassen.
Wie man damit aufhört, in der Beziehung zu klammern
- Arbeite an deinem Selbstbewusstsein. Wenn du deinem Klammern entgegenwirken möchtest, musst du erkennen, dass deine Unsicherheit dafür verantwortlich ist. Mache es dir deshalb zur Aufgabe, an deinem Selbstbewusstsein zu arbeiten. Erkenne, wie wichtig es ist, von nun an nicht mehr andere Personen für die Unzulänglichkeiten verantwortlich zu machen.
- Arbeitet an eurem Vertrauen. Es braucht eine geraume Zeit, bis man vollstes Vertrauen in seinen Partner hat. In der Beziehung sollte Wert darauf gelegt werden, effektiv zu kommunizieren, indem man seine wahren Gefühle und Befürchtungen äußert. Setzt klare Grenzen, gesteht eure Fehler ein und zeigt euch gegenseitig Dankbarkeit für die Bemühungen eures Partners.
- Ziehe eine Social Media-Pause in Erwägung. Die Social Media-Aktivitäten eines Partners andauernd zu begutachten, belastet nur unnötigerweise die Beziehung. Soziale Medien verschaffen dir einen falschen Eindruck vom Leben anderer Menschen und sorgen dafür, dass du unrealistische Erwartungen entwickelst. Der ständige Vergleich mit anderen Menschen, die stets nur die besten Seiten ihres Lebens preisgeben, wird bei jeder Person früher oder später Spuren hinterlassen.
- Erkenne, wie bereichernd ein unabhängigeres Ich sein kann. Du bist stets für deine Zufriedenheit verantwortlich. Versuche, von nun an selbstständig Entscheidungen zu treffen, ohne dich dabei auf deinen Partner verlassen zu müssen und lerne Schritt für Schritt, Tag für Tag, immer etwas unabhängiger zu werden.
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