Sich in einer Beziehung zu befinden, bedeutet, dass man früher oder später eifersüchtig wird. Denn immerhin ist es völlig normal, in gewissen Momenten unsicher zu sein und zu befürchten, dass der Beziehungspartner sich zu einem anderen Menschen hingezogen fühlt. Besonders knifflig wird die Eifersucht aber erst dann, wenn sie sich nicht auf die Gegenwart, sondern auf die Personen bezieht, die der Partner in der Vergangenheit anziehend fand. Ist man eifersüchtig auf frühere Beziehungen des Partners, spricht man deshalb von einer retroaktiven Eifersucht.
Wie auch die normale Eifersucht ist die retroaktive Eifersucht ein Phänomen, das häufig vorkommt. Während in den meisten Partnerschaften dadurch keine Probleme auftreten, kann es auch vorkommen, dass manche Personen sich von ihr so sehr beeinflussen lassen, dass sie ungesunde Verhaltensweisen an den Tag legen. Und nicht selten belasten sie mit ihrer rückwirkenden Eifersucht ihre Beziehungen.
Negative Gedanken, die häufig mit einer retroaktiven Eifersucht in Verbindung stehen
- Neid. So kommt es vor, dass man neidisch auf seinen Partner ist, weil dieser in der Vergangenheit mehr sexuelle oder romantische Erfahrungen gesammelt hat. Dies gibt Betroffenen das Gefühl, etwas verpasst zu haben.
- Furcht. Häufig führt die sexuelle Vorgeschichte des Partners dazu, dass man Angst davor hat, Untreue zu erfahren und den Beziehungspartner zu verlieren.
- Zweifel. Selbst dann, wenn die Beziehung perfekt zu sein scheint, kann die Vergangenheit des Partners dafür sorgen, dass man Zweifel an der Beziehung entwickelt – selbst dann, wenn es in der Gegenwart keine Beweise dafür geben sollte.
- Abwertung. Wenn die sexuelle Vergangenheit des Partners ein Dorn im Auge ist, passiert es häufig, dass dieser für sein vermeintlich unmoralisches Verhalten verurteilt und abgewertet wird.
Typische Konflikte in der Beziehung aufgrund von retroaktiver Eifersucht
- Schnüffeln. Die retroaktive Eifersucht bringt viele Individuen dazu, in der Privatsphäre ihres Partners zu schnüffeln. Anstatt sich der Lösung ihres Problems zu widmen, wird in vielen Beziehungen Schritt für Schritt immer mehr in das Privatleben des Partners eingedrungen. Auf diese Weise, so meinen Betroffene, können sie temporär ihre negativen Gefühle loswerden, sollten sie keine handfesten Beweise finden, die ihre Eifersucht rechtfertigen könnten.
- Streitigkeiten. Den Partner ständig zu verurteilen und ihm mit Wut zu begegnen, resultiert oftmals in hitzigen Konflikten, in denen der Beziehungspartner ausgefragt wird und sich dabei keiner Schuld bewusst ist.
- Zwanghaftes Nachdenken. Wenn die Eifersucht die betroffene Person beklagt, fällt es ihr oft besonders schwer, einen klaren Kopf zu bewahren und das Thema beiseitezulegen. Stattdessen steigert man sich in die Eifersucht hinein, um sich einen Reim auf die Vergangenheit des Partners machen zu können.
- Sabotage. Auch dann, wenn die negative Haltung der betroffenen Person nicht immer Konflikte provoziert, wird die Beziehung, die ansonsten funktional ist, durch den Pessimismus der/des Eifersüchtigen sabotiert.
Typische Gedanken einer Person, die von einer retroaktiven Eifersucht betroffen ist
Jeder Mensch hat seine eigene Geschichte. Während manch einer enthaltsamer lebt, gibt es auch jene, die eine umfangreiche sexuelle und romantische Vorgeschichte haben.
Personen, die von einer retroaktiven Eifersucht betroffen sind, denken häufig folgende Dinge:
- „Die Beziehungserfahrungen meines Partners könnten einen schlechten Einfluss auf unsere Beziehung haben.„
- „Vielleicht hat mein Partner noch immer Gefühle für seinen/ihren Ex. Demnach ist unsere Beziehung gefährdet.„
- „Wenn ich den sexuellen Erfahrungen meines Partners nicht standhalten kann, werde ich verlassen.„
- „Mein Partner wird in absehbarer Zeit realisieren, dass seine vorherigen Beziehungen erfüllender waren, als die Partnerschaft, die er mit mir führt.„
Eifersucht und emotionaler Perfektionismus
Mit dieser Art von Eifersucht ist häufig ein emotionaler Perfektionismus verbunden. Das bedeutet, dass man die Überzeugung vertritt, Beziehungen müssten einem Ideal entsprechen, das man mit einem Liebesroman vergleichen könnte.
Es wird der Anspruch erhoben, dass der Beziehungspartner vorher keine leidenschaftlichen oder sexuellen Erfahrungen mit anderen Menschen erlebt haben soll. Damit verbunden ist das Bedürfnis, die Erfahrungen unseres Beziehungspartners am liebsten auszulöschen, um so die von uns wahrgenommene Bedrohung ausschalten und beseitigen zu können. Denn immer anwesend ist die Angst, den Erfahrungen des Beziehungspartners in irgendeiner Art und Weise nicht gerecht werden zu können. Schließlich besteht das Risiko, mit der Tatsache konfrontiert zu werden, dass wir in den Augen unseres Partners nicht genügen.
Solltest auch die Probleme mit der Vergangenheit deines Partners haben, gebe ich dir im Nachfolgenden ein paar Tipps mit auf den Weg, die dir bei der Bewältigung helfen könnten.
Versetze dich in die Position deines Partners
Mit Sicherheit hast du Interesse daran, dass eure Beziehung gelingt. Wirfst du dann einen Blick in die Vergangenheit deines Partners, ist es nicht unwahrscheinlich, dass du Zweifel daran hast, ob seine Vergangenheit eure Zukunft beeinflussen wird.
In einer solchen Situation ist es wichtig, dass du dir Gedanken über deine eigene Vergangenheit machst. Denke über deine Vorgeschichte nach und halte dir vor Augen, wie sehr sich die Perspektive, aus der du deine Ex-Partner betrachtet hast, im Laufe der Jahre verändert hat.
Beziehungen scheitern nie ohne Grund und können einen wahnsinnig großen Einfluss darauf haben, wie sehr sich die Perspektive verändert, mit der wir zukünftige Beziehungspartner betrachten. Folglich wird es auch gute Gründe dafür geben, warum dein Partner letztendlich bei dir gelandet ist.
Konzentriere dich deshalb auf die Gegenwart und halte dir vor Augen, dass du nicht weißt, welchen Einfluss die ehemaligen Beziehungen auf deinen Beziehungspartner hatten.
Fokussiere deine Energie auf deine Beziehung
Mit jeder Beziehung, die wir eingehen und all den Gefühlen, die wir zulassen, gehen wir ein Risiko ein. Denn es ist niemals möglich, das Scheitern einer Partnerschaft garantiert auszuschließen. Die damit einhergehenden Gefühle sind Unsicherheit und Angst, die manchmal so überwältigend sein können, dass sie uns lähmen.
Es ist jedoch wichtig zu erkennen, dass wenn du dir stets Gedanken über die früheren Beziehungen deines Partners machst und Angst davor hast, verlassen zu werden, du Energie und Zeit verschwendest, die du in deine Partnerschaft investieren könntest. Dieser negative Einfluss der retroaktiven Eifersucht kann unter Umständen sogar dazu führen, dass sie zu einer selbsterfüllenden Prophezeiung wird. Das bedeutet, dass deine Eifersucht deine Beziehung belasten würde und du dadurch genau das erreichen würdest, wovor du wirklich Angst hast – deinen Beziehungspartner an einen anderen Menschen zu verlieren.
Konzentriere dich deshalb auf die Aspekte deiner Beziehung, die besonders gut funktionieren. Arbeite verstärkt daran, diese Qualitäten weiter auszubauen und stärke euren Zusammenhalt.
Denn egal was du tust: Du kannst die Zukunft nicht vorhersagen. Sich unnötigerweise auf die Vergangenheit des Partners zu konzentrieren, wird dir nicht dabei helfen, eure Beziehung zum Erfolg werden zu lassen.
Vermeide Schwarz-Weiß-Denken
Wenn du dir Gedanken über die früheren Beziehungen deines Partners machst, wäre es ratsam, deine Gefühle genaustens zu hinterfragen. Stelle dir stets die Frage, ob du bei deinen Einschätzungen wirklich sachlich bleibst oder ob deine eigenen Unsicherheiten das Bild verfärben, das du wahrnimmst.
Nehmen wir an, dass dein Beziehungspartner deiner Meinung nach den Anschein hinterlässt, noch immer nicht über seine alte Liebe hinweg zu sein. Du durchstöberst seine Sachen und suchst gezielt nach Hinweisen, die deine Vermutung bestätigen.
In genau diesem Moment passiert etwas, was man als Bestätigungsfehler bezeichnet. Das bedeutet, dass deine Unsicherheiten und deine voreingenommene Haltung einen starken Einfluss darauf ausüben, welchen Informationen du besondere Aufmerksamkeit schenkst. Zur gleichen Zeit, so wäre es möglich, ignorierst du sämtliche Hinweise, die dir die Bestätigung geben könnten, dass dein Partner dich aufrichtig liebt und kein Interesse an seiner alten Liebe hat.
Dieses Phänomen ist in vielen Beziehungen der entscheidende Grund dafür, warum einige Personen das Bedürfnis entwickeln, Kontrolle über ihre Beziehungspartner auszuüben. Anstatt sich auf die Gegenwart zu konzentrieren, sind sie gedanklich festgefahren und suchen verkrampft nach Hinweisen, die ihre Haltung bestätigen. Entsprechend gefährden sie ihre Beziehung damit und kreieren dadurch ein Chaos, das in Wirklichkeit nur in ihrer Fantasie stattfindet.
Vermeide es deshalb, dich in deine eigenen Vermutungen hineinzusteigern. Konfrontiere deinen Beziehungspartner und bevorzuge es, offen und ehrlich zu kommunizieren.
Vermeide es, in der Vergangenheit deines Partners zu schnüffeln
Einige Menschen haben Schwierigkeiten damit, der Versuchung zu widerstehen, in der Vergangenheit ihres Partners herumzuschnüffeln. Sie suchen gezielt nach Bildern oder Kommentaren, die in sozialen Medien gepostet wurden und versuchen die Bestätigung dafür zu bekommen, dass es einen Grund gäbe, eifersüchtig zu sein. Aber auch wenn dieses Phänomen in unserer Gesellschaft häufig vorkommt, bedeutet es keineswegs, dass dieses Verhalten gesund ist.
Besonders in den sozialen Medien wird stets versucht, die besten Momente des Lebens mit anderen Menschen zu teilen. Dementsprechend kann es schnell passieren, dass man seine Eifersucht kaum unter Kontrolle halten kann, wenn das frühere Beziehungsleben des Partners perfekt zu sein schien. Doch dieser Eindruck entspricht in den seltensten Fällen der Realität.
Auch wenn die frühere Beziehung deines Partners auf sämtlichen Bildern einen perfekten Eindruck hinterlässt, kannst du dir sicher sein, dass du nur die halbe Geschichte kennst.
Rede und offen und ehrlich über deine Eifersucht
Offene Kommunikation ist innerhalb einer Partnerschaft immer grundlegend, wenn man belastende Gefühle loswerden möchte. Anders ist es deshalb auch bei der retroaktiven Eifersucht nicht.
Es ist völlig normal, neugierig zu sein und einen Einblick davon bekommen zu wollen, was für ein Leben dein Partner führte, bevor er dich kennenlernte. Und dabei muss man immer damit rechnen, dass man auf unangenehme Informationen stößt, die man gar nicht erwartet hätte.
Vielleicht wunderst du dich darüber, welche Person dein Partner war, bevor du ihn kennengelernt hast. Denn immerhin könnte seine Vorgeschichte etwas darüber verraten, welche Seiten du an deinem jetzigen Beziehungspartner noch nicht kennengelernt hast.
Viele Menschen kramen in der Vergangenheit der ihrer Partner, da sie Angst davor haben, etwas über Untreue zu erfahren. Ebenso Hinweise, die nahelegen könnten, dass ihr momentaner Beziehungspartner bekannt dafür ist, nur flüchtige Partnerschaften zu führen, motivieren sie dazu, die Vergangenheit genaustens zu durchforsten.
Es gibt keinen Grund, deine Unsicherheiten vor deinem Partner zu verstecken. Viel eher sind sie ein Indiz dafür, wie investiert du in deine Beziehung bist und dass dieser Mensch dir am Herzen liegt. Deshalb ist es auch völlig legitim, gegenüber deinem Partner preiszugeben, wovor du wirklich Angst hast.
Verpasse der Situation einen neuen Rahmen
Dein Partner gefällt dir besonders gut und deshalb gibt es auch Gründe, warum deine Eifersucht überwältigend ist. Und besonders dann, wenn du Gefallen an diesem Menschen findest, solltest du dir darüber im Klaren sein, dass all seine Erfahrungen, die er im Leben gemacht hat, dazu beigetragen haben, dass er der Mensch ist, der dir heute besonders gut gefällt.
Unabhängig davon, wie eifersüchtig dich die Beziehungen machen, die dein Partner bisher geführt hat, musst du dir stets vor Augen halten, dass all die Erfahrungen zu seinem Wachstum beigetragen haben.
Deshalb kann es ratsam sein, eine gewisse Dankbarkeit für die Vergangenheit deines Partners zu kultivieren. Auf diesem Wege fühlst du dich weniger bedroht durch die Personen, die früher eine Rolle gespielt haben. Denn immerhin ist es sehr wahrscheinlich, dass du deinen momentanen Beziehungspartner niemals kennengelernt geschweige denn Gefallen an ihm gefunden hättest, wenn er sich nicht zu dem Menschen entwickelt hätte, der er heute ist.
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